„Hail Caesar!“ Soundtrack von Carter Burwell


Dass Joel und Ethan Coen für ihren neuen Film „Hail Caesar!“ auf Carter Burwell für die Filmmusik setzen würden, ist keine Überraschung.

Seit ihrem ersten Film „Blood Simple“ von 1984 über „Barton Fink“ (1991), „Fargo“ (1996), „Big Lebowksi“ (1998) bis hin zu „True Grit“ (2010) ist Carter Burwell für die Coen-Brüder fast ausnahmslos in jedem Filmwerk der Mann, der die passenden Songs recherchiert und Eigenkompositionen beisteuert, von denen die Coen-Brüder den Schnitt ihrer Filme oftmals abhängig machen, nicht wie üblich umgekehrt. Die Wirkung ist stets verblüffend, so auch in „Hail Caesar!“.

Die Coen-Brüder ließen sich zu „Hail Caesar!“ von einem der härtesten Hunde im Hollywood-Filmgeschäft der goldenen Jahre inspirieren: Eddie Mannix (1891 bis 1963). Er war Bauarbeiter und Bodyguard, und leitete trotz fehlender Erfahrung für den Investor Nicholas Schenck von den 1930ern bis in die 1950er Jahre die MGM-Filmstudios. Eddie Mannix galt als Ausputzer. Einer, der die Filmproduktion um jeden Preis am Laufen hielt: Er kümmerte sich um die Drogenexzesse, ungewollten Schwangerschaften und sonstigen Dramen seiner Stars; Mannix kannte jeden ihrer Schritte – oder fand sie heraus. Er war störrisch, herrisch und unerbittlich. Und Eddie Mannix war Katholik.

„Hail Casar!“, eine schrille Momentaufnahme des Hollywood von 1951

Die Coen-Brüder erschaffen in „Hail Caesar!“ eine fiktionale Geschichte um diesen Ausputzer Eddie Mannix. Dazu versetzen sie ihn in die Capitol Filmstudios des Jahres 1951. Der Kalte Krieg treibt die Angst vor kommunistischer Unterwanderung gerade zu einem Höhepunkt der Hysterie. Hunderte Drehbuchautoren werden ihren Job los. Die Filmstudios reagieren auf die radikale Hysterie ihres Publikums mit radikalem Eskapismus: Monumentale Western, aufwändige Historienfilme und kokett choreographierte Tanz- und Wasserballettfilme stehen auf den Produktionsplänen.

Eddie Mannix konfrontiert mit Wahnsinnsaufgaben

Und so beginnt der Film: Der Top-Star der Capitol-Studios, Baird Whitlock (George Clooney), wird vom Filmset zu seinem Historienfilm „Hail Caesar!“ entführt. Die Täter? Dem Kommunismus verfallene Drehbuchautoren, die „ihren Anteil“ erpressen wollen! Bevor Eddie Mannix, bestens gespielt von Josh Brolin, hier eingreifen kann, hört er am Set zu einem Wasserballett, dass seine Hauptdarstellerin DeeAnna Moran (Scarlett Johannson) während der Produktion schwanger geworden ist  – und kein eindeutiger Vater in Sicht. Mannix hat da eine Adoptions-Lösung parat, muss aber zuerst den singenden Western-Helden Hobie Doyle (Alden Ehrenreich) als Lückenfüller in einen Salon-Film des Regisseurs Laurence Laurentz (Ralph Fiennes) verpflichten. Derweil spielt der smarte Burt Gurney (Channing Tatum) einen hinreißenden Tanzfilm ein, da läuft’s. Oder?! Verdammt, ist Gurney etwa auch Kommunist? Eddie Mannix hat eine Menge auszuputzen und vor Klatsch-Reporterinnen (Tilda Swinton spielt Zwillinge) zu verbergen. Trotz dieser Wahnsinnsaufgaben geht Mannix täglich beichten. Um für seine heimlichen zwei Zigaretten am Tag Abbitte zu leisten.

Reigen aus Country, Orchestermusik, Swing und russischem Chorgesang

Diese bizarre Welt der Filmproduktion bedeutet eine Herausforderung für den Soundtrack: die Filme im Film mit je eigener Filmmusik fordern einen Regenbogen an Musikstilen! Für das Caesar-Drama komponierte Carter Burwell selbst orchestrale Wucht im Stil der 1950er; für die Western-Filmeinlagen hat Burwell die Country-Originale „Cattle Call“ (von Text Owens) und „Lazy Old Moon (von Walter G. Samuels) recherchiert; Channing Tatum singt in seiner starken Tanzfilmeinlage das Gershwin-inspirierte „No Dames“ von Henry Krieger und Willie Reale. Burwell griff dann erneut tief ins Musikarchiv für den Chor der Roten Armee, der das lastend-melchanolische „Slavery and Suffering“, ein russisches Traditional, und den zackigen „Echelon’s Song“ von Alexandrov und Kolitchev. Ein halbes Dutzend Tracks sind von Carter Burwell komponiert, um die dramaturgischen Verknüpfungen herzustellen, klar.

Der Soundtrack zu „Hail Caesar!“ eröffnet keine eigene Dimension

Besteht der Soundtrack auch ohne den Film? Das ist hier die Frage. Und ich muss feststellen: Während des Films verblüfft über die krassen komödiantischen Effekte aus dem Widerspruch zwischen Musik und Schauspielerei zu lachen, das war ein erstklassiges Erlebnis – gerade George Clooney brilliert hier gleich in mehreren Szenen auf einzigartige Weise. Der Soundtrack allein, klar, bietet die Musik. Und überlässt unserer Erinnerung den Rest. Das ist schwächer, zumahl die Handvoll originaler Songs verschiedener Stile keine eigene Dimension zu eröffnen vermögen.

Schaut den Film, der Soundtrack wird euch dabei begeistern

Anders als bei „O Brother, Where Art though?“ der Coen-Brüder aus dem Jahr 2000. Der Soundtrack versammelte Folk und Blues aus der Zeit der „Great Depression“, in der der Film spielt, mit viel Action, Abenteuer und Witz. Der „O Brother“-Soundtrack entfaltet mit vielen Originalen und vor allem mit dem Song „I’m A Man of Constant Sorrow“ das Soundscape einer großen verlorenen Ära – er verkaufte sich  bis heute über 8 Millionen Male, erhielt dazu den Grammy Award für „das beste Album des Jahres“. Diese Ehre wird „Hail Caesar!“ nicht ereilen. Mein Tipp daher: Schaut den Film, der Soundtrack wird euch dabei begeistern.

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